Vase und Plakette
Jubiläumsausgaben zum 225. Jahrestag der Wallendorfer Porzellanmanufaktur -
In dem Artikel von Helmut Scherf "Die "Wiege" des Thüringer Porzellans", den er anlässlich des 225. Jahrestages der Wallendorfer Porzellanfabrik verfasst hat, heißt es:
Zur zunehmenden Profilierung und übernationalen Wertschätzung der Wallendorfer Erzeugnisse trug in den sechziger Jahren der verdienstvolle Werkleiter Johannes Habedank bei.
Neben der Vervollkommnung eines anspruchsvollen Zierporzellans leitete er die Entwicklung eines ästhetisch beispiehaften Geschenk- und Andenkenporzellans sowie die Reproduktion künstlerisch hochwertiger Kleinplastiken von namhaften Bildhauern ein.
So konnten bald nach 1960 preiswerte Figuren und Figurengruppen, in Weiß, meist Biskuit, vom Walter Arnold, Theo Balden, Fritz Cremer, Waldemar Grzimek, Walter Howard, Rudolf Oelzner, Gustav Weidanz, Jürgen von Woyski und Erich Wurzer für den privaten und gesellschaftlichen Bedarf angeboren werden.
Doch auch im Hinblick auf die porzellanspezifische Figur ist in Wallendorf in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Künstlerverbandes Wegweisendes geleistet worden.
Hervorzuheben sind die Ergebnisse von Eberhard Roßdeutscher, Hubert Schiefelbein, Heinz Schober, Kurt Steiner, Peter Strang und dem Künstlerkollektiv "Schaddelmühle" - zeitnahe Schöpfungen voller Schlichtheit und Poesie.
Seit 1987 wird eine neue Form in der traditionsbezogenen Entwicklung des Figurenporzellans verfolgt, mit ihr sind die Namen der jungen, in Lichte ausgebildeten Modelleure Ina Böhm und Angela Kulling verbunden.
Hervorragende Beispiele in der Gefäßproduktion der letzten beiden Jahrzehnte, da sich vor allem Gerhard Gräf um den Betrieb verdient machte, sind - meist in Zusammenarbeit mit dem Gestalterzentrum in Lichte -
die Formen "Sanssouci" und "Orient" (jeweils Stöhr/Nußmann),
der Vasensatz und die Deckeldose mit Kobaltblütendekor (Decho, Nußmann),
die Menage, Zigaretten- und Tabakdose mit Schriftrollbild (Stöhr, Nußmann),
die sogenannte Barocke Serie (Stöhr, Nußmann),
die Formen "Heidi" (Horst und Heidi Hütter, Erfurt),
"Poesie", "Filigran" (jeweils Stöhr, Nußmann und ein Kollektiv des Werkes),
"Pirouette" (Schröder/Design-Zentrum Meißen) und
"Jubiläum 89" (Stöhr, Nußmann und Glage).
Für die Wertschätzung und Solidität der Wallendorfer Erzeugnisse, die in 25 Länder exportiert wurden, spricht die Zuerkennung der Betriebsbezeichnung "Wallendorfer Porzellanmanufaktur".
Diese Ehrung wird den Porzellinern Verpflichtung sein, der großen und reichen Tradition des Wallendorfer Porzellans gerecht zu werden.
Zu einem solchen Besinnen möchten auch das 225jährige Betriebsjubiläum und die damit verbundenen Ausstellungen in Eisenach, Rudolstadt und Eisfeld/DDR Anlaß geben.
Helmut Scherf"
Liebe Leser,
Nach der Überführung in Volkseigentum war der Wallendorfer Betrieb, der vor 1964 auch unter Schaubach-Kunst Porzellanfabrik Wallendorf VEB und VEB (K) Schaubach-Kunst Porzellanfabrik Wallendorf auftrat (siehe meine diesbezügliche Seite) verstärkt um ein ästhetisch anspruchsvolles Figurenprogramm bemüht. So wurden auch Kleinplastiken von namhaften Bildhauern der DDR in Porzellan nachgebildet (siehe meine Spezialseite Künstlermodelle) und auf diese Weise zeitgenössische Kunst in die Wohnungen der Menschen gebracht.
Im Jahre 1962 fand im Pavillon der Kunst in Berlin, Unter den Linden, unter dem Motto "Kunst für das Heim" eine Ausstellung statt, auf der die VEB Wallendorfer Porzellanfabrik als einziger Porzellanhersteller seine Produkte zeigen durfte. Wallendorf stellte 40 Porzellankleinplastiken aus, darunter Wurzers spielendes Kind und die Mädchenmaske von Prof. Arnold. Wie aus dem von Johannes Habedank verfassen Artikel vom 06.12.1962 ("Rennsteig Echo") hervorgeht, hatte sich der Wallendorfer Betrieb die Aufgabe gestellt, eine Porzellankleinplastik zu schaffen, die geeignet ist, an die Stelle der bisherigen, veralteten Figuren zu treten, die auch in künstlerischer Hinsicht der Forderung der damaligen Zeit entsprach. Die Ausstellung sollte eine breite Diskussion auslösen, was getan werden muss; auch unter der Berücksichtigung des Umstandes, dass der Export wohl die bisherigen Sortimente fordere. "Uns geht es um die Entwicklung formschöner, praktischer, zur Erziehung eines lebensbejahenden, fröhlichen und gesellschaftlich denkenden Menschen geeigneter Erzeugnisse" heißt es im Artikel.
» Ästhetik des Nützlichen (industrieform-ddr.de)
Hier ein Auszug:
"Margarete Jahny sagt, sie selbst hätte viel Glück gehabt mit ihren Auftraggebern und Partnern in der Industrie, das wären in den meisten Fällen neuen Gestaltungsvorschlägen gegenüber aufgeschlossene Leute gewesen.
Dies trifft insbesondere auch um 1960 auf das Porzellanwerk Wallendorf in Thüringen zu, wo sie eine Heimstatt findet für ihre keramische Experimentierlust in puncto Serienporzellan. Und nicht nur sie: auch für andere Gestalter wie Heiner Hans Körting, Hans Merz, Hubert Petras oder Ludwig Zepner (später Chefentwerfer in der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen) wird Wallendorf zu einem regelrechten Wallfahrtsort, wo sie der allgemeinen, vom Handel abgeforderten Dekorations-Inflation entfliehen und sich in edlen weißen Formlösungen versuchen dürfen – bis sie und der Werkleiter mit dem schönen Namen Habedank von den Berliner SED-Kulturdiktatoren scharf zurückgepfiffen werden unter dem öffentlichen Vorwurf, „kalten Funktionalismus“ und „farblose Eintönigkeit“ zu betreiben und mit ihren Experimenten den Exportplan zu gefährden, was an Wirtschaftssabotage grenze.
Die von Margarete Jahny für die Serie
entworfenen Wallendorfer Glieder- und Kragenvasen sind heute Klassiker der besten Jahre des DDR-Designs und leider nur sehr, sehr selten zu bekommen. Wer sie dereinst vor 50 Jahren im staatlichen
Kunsthandel ergatterte, hütete sie wie den eigenen Augapfel, und offenbar sieht auch die nachkommende Erben-Generation keinen Grund, sie auf Trödelmärkte zu tragen."
Die in Wallendorf hergestellten modernen Porzellane nach den Modellen namhafter Künstler fanden nicht immer von vorn herein die Zustimmung der Partei- und Staatsführung. So entbrannte auf der V. Deutschen Kunstausstellung der DDR im Oktober 1962 in Dresden die Diskussion über schlichte weiße, graue und schwarze Porzellane der Gestalter. Schon Walter Ulbricht hatte sich bei seinem Eröffnungsrundgang über diese Porzellane mokiert, aber nicht nur über die Porzellane, auch über Mobelstücke usw. und wie ich gehört habe, war es seiner Frau Lotte Ulbricht zu verdanken, dass das Ganze nicht eskalierte. Doch auf dem Fuße folgte der berühmt-berüchtigte Artikel des SED-Kulturfunktionärs Karl-Heinz Hagen im ND (Neues Deutschland) vom 04.10.1962: "Hinter dem Leben zurück", in welchem, wie Gisela May es später ausdrückte, mit ideologischem Vorschlaghammer harmlose weiße Vasen zertrümmert wurden.
So standen v.a. die weißen schlichten Röhrenvasen von Hubert Petras in der Kritik und wurden verrissen. Dies führte letztlich auch dazu, dass Hubert Petras in seiner künstlerischen Laufbahn auf Jahre hinaus chancenlos blieb.
Die Kritik ging sogar soweit, das Herr Habedank als Betriebsleiter des VEB Porzellanwerk Wallendorf von den devisenhungrigen Wirtschaftsfunktionären wegen der angeblich aufwendigen unsinnig luxeriösen Produktion von weißem Zierporzellan der Wirtschafts- und Handelssabotage bezichtigt wurde....Es war ein harter Kampf ums Überleben, der angesichts bestehender Machtverhältnisse auf Dauer beim besten Willen nicht zu gewinnen war.
Weiß man heute etwa nicht um das Ringen und die Verdienste von Herrn Habedank und der Wallendorfer Fabrik, wenn man diese als Staatsbetrieb der DDR generell verteufelt? Oder geht es eher darum, die Menschen der ehemaligen DDR um Ihre Geschichte, Ihre Tradition, Ihr Leben, Ihr Selbstbewusstsein und Ihre Verdienste zu bringen? Schauen Sie sich meine Webseite an und entscheiden Sie selbst, ob das, wie man uns gern einreden möchte, die Verlierer der Geschichte waren, die das alles zustande gebracht haben. Ein weiteres anschauliches Zeugnis künstlerischen Schaffens in der DDR ist das Buch von Heinz Hrdina: Gestalten für die Serie.
Die schlichten weißen Röhrenvasen und auch die in weiß konzipierten Porzellane der anderen Künstler wurden jedoch weiter hergestellt und fortan mit den verschiedensten, speziell dafür entwickelten, Dekoren versehen (siehe meine Spezialseite Künstlermodelle und die vorstehende Auswahl).
Ein kleiner Artikel im Rennsteig Echo vom 06.12.1962 berichtet auch von der Porzellanfabrik in Lichte, die sich als Schwerpunkt die Qualitätsverbesserung gesetzt hatte. Im Vergleich mit den westdeutschen und ausländischen Produkten lag der Betrieb in Lichte beim Hohlgeschirr gewichtsmäßig gut. Beim Flachgeschirr mussten die Gewichte noch verringert werden. Beim Weißgehalt des Porzellans lag der Betrieb bei 70%; eine Arbeitsgemeinschaft hatte die Verpflichtung übernommen, beim Weißgehalt ein Ergebnis von 71% zu erreichen.
Im Rennsteig Echo vom 27.09.1963 wurde ein Artikel unter der Überschrift "Wallendorfer auf gutem Kurs" veröffentlich, aus dem viele interessante Informationen über die Produktionsprozesse hervorgehen. So heißt es, dass der Betrieb trotz Frostperiode und Schadenfeuer, dass im August 1963 die Spritzerei und einen Teil der Malerei vernichtete, seit März 1963 planschuldenfrei war, die Arbeitsproduktivität um 8% erhöht werden konnte, es technische Verbesserungen gab und eine Mehrproduktion von 120.000,00 DM erzielt wurde.
Im Mittelpunkt des "Plans Neue Technik" stand der Aufbau des seit 1962 in Probebetrieb laufenden Gaskammerofens, eine die gesamte Porzellanindustrie revolutionierende Neuerung. Von den im Plan vorgesehenen 31 Maßnahmen waren bereits 18 ganz und 5 teilweise erfüllt worden. Die Verbesserungen hatten dazu geführt, dass der Betrieb mit sechs Arbeitskräften weniger als 1962 bei einem Kostenmehraufwand von nur 12.600,00 DM für 121.000,00 DM über den Plan produzieren konnte. Die Arbeitsproduktivität stieg auf 108%.
Das Jahr 1964 stand ganz im Zeichen des 200. Jahrestages der Gründung der Wallendorfer Porzellanfabrik, die zu dieser Zeit unter der Leitung von Direktor Johannes Habedank stand.
Da die Genehmigung zur Errichtung einer Porzellanfabrik vom 30.03.1764 datiert, nahm man von da an dieses Datum als das Gründungsdatum der Wallendorfer Fabrik an, was sich auch in der neuen Bodenmarke, ein W mit Krone darüber und der Jahreszahl 1764 darunter widerspiegelte.
Die Festveranstaltung zum 200. Jahrestages der Gründung der Wallendorfer Porzellanfabrik fand im Kulturhaus der Maxhütte in Unterwellenborn statt, bei der auch Gäste aus Holland und Westdeutschland zugegen waren. Natürlich gab es auch eine Ausstellung, die einen Überblick über die Entwicklung des VEB Wallendorfer Porzellanfabrik und seine Erzeugnisse gab und die die schönsten Porzellane, die bis dahin entwickelt und produziert worden waren, zeigte. Die Ausstellung wurde im Kulturhaus in Wallendorf präsentiert. Fotos von dieser Veranstaltung und auch der Ausstellung habe ich bereits auf meiner Ausstellungseite eingestellt. Hier noch einige weitere, bei denen die Ausstellungstücke im Vordergrund stehen sollten.
Im Vorfeld der Feierlichkeiten wurden auch Porzelliner an ihrem Arbeitsplatz bei der Herstellung für diese Zeit typischer Erzeugnisse fotografiert, die ich Ihnen auch vorstellen möchte.
Anlässlich des 200. Jahrestages hatte der Betrieb einen Wettbewerb für Porzellankleinplastiken und andere Porzellangegenstände, Vasensortiments, die Gestaltung von Dosen und für Dekore ausgeschrieben. Die besten Stücke wurden mit Preisen ausgezeichnet und angekauft. Mehr dazu erfahren Sie auf meiner Seite Künstlermodelle.
Zum Jubiläum wurden auch zehn Figuren der italienischen Kommödie neu herausgebracht, Nachbildungen von Alt-Wallendorfer Porzellanen aus der Zeit um 1800, ein Rosenpokal von 1800/1820 und die Figur des Husaren aus der Zeit um 1775/1790 (abgebildet im folgenden Zeitungsartikel Vlasak).
Anerkennung fand ein Dosensortiment der Glasgestalterin Ilse Dechow aus Leipzig.
Natürlich wurden diese auch auf der Ausstellung zum Jahrestag gezeigt, wovon einige der Fotos in den Galerien zeugen.
Die neuesten Schöpfungen - Meisterwerke der Porzellanindustrie - fanden dann auf der Frühjahrsmesse 1964 bei den Besuchern aus dem In- und Ausland Bewunderung.
Das Werk erhielt allein acht Diplome des Rates für Industrieformgebung.
In dieser Zeit unterhielt die VEB Wallendorfer Porzellanfabrik Exportbeziehungen zu 57 Ländern der Erde und stand auch in Handelskontakt zur Bundesrepublik Deutschland. Mehr als 50% der Erzeugnisse wurden exportiert. Wallendorf produzierte zu dieser Zeit auch weiterhin neben einem kleinen Prozentsatz von Sammeltassen kein Gebrauchsporzellan.
Der Betrieb war, wie es hieß, unter der Leitung von Johannes Habedank (Foto nachfolgend) auf dem Weg zu weiterem fruchtbaren Schaffen, zu einem hohen Niveau ihrer weltbekannten Erzeugnisse.
Anlässlich des Jahrestages erschienen diverse Artikel in verschiedenen Zeitungen, wie man sich denken kann.
Keramikgestalter Gottfried Stöhr konnte der Presse berichten, dass die VEB Wallendorfer Porzellanfabrik neue Wege in der Gestaltung der Porzellane geht. Diesen Weg hatte man schon einige Jahre zuvor eingeschlagen, wie wir gesehen haben. In einem Zeitungsartikel in der TNN heißt es, dass es der Leipziger Bildhauer Alfred Thiele war, der als erster Künstler den Mut hatte, Kleinplastiken für die Porzellanherstellung anzufertigen. Besonderen Anklang fand wohl sein Fischreiher. Erwähnt sind auch die Kleinplastiken aus dem Sportleben von Roßdeutscher sowie die Plastik "Ruf der Trommel" - die Figur eines Afrikaners von Erich Wurzer, Suhl. Hingewiesen wurde auch darauf, dass Wallendorf nicht nur eben glasiertes Porzellan, sondern ein seidenglänzendes Porzellan aus einer besonderen Masse herstellt, das bei der Gestaltung von Kleinplastiken reizvolle Wirkungen erzielt.
In seinem Bericht zum 200. Jahrestag der Gründung der Wallendorfer Porzellanfabrik im Jahre 1964 schreibt Emil Vlasak, Coburg, zu dem Thema Kleinplastiken folgendes:
"Die Kleinplastiken der berühmten Porzellanfabriken waren und sind seltene Einzelstücke nur für wenige. Die Wallendorfer suchten und fanden einen Weg, sie billiger herzustellen und zu vervielfältigen. Heute ist es ihnen gelungen, die früher so seltenen, wirklich künstlerischen Kleinplastiken von ihrer Verbannung in Museen...zu befreien und zu einem relativ geringen Preis (m.A.: in einem anderen Zeitungsartikel wird ein Preis von 100,00 Mark der DDR genannt) vielen zugänglich zu machen...Überraschend vielseitig die heutigen, neuen Modelle des figürlichen Porzellans...Die verspielten feingliedrigen kleinen Figuren mit Witz und plastischem Reiz, etwa ein "Regenschirm-Paar" (mA.: von Jürgen von Woyski ) oder die "Sportplastik" (mA.: von Eberhard Roßdeutscher) sind gewiß Beweis hierfür."
Wie im Freien Wort vom 03.06.1964 unter der Überschrift "Moderne Formen kontra Kitsch" zu lesen war, hatte der VEB Wallendorfer Porzellanfabrik Großhandel und Einzelhändler zur einer Ausstellung von 15 Betrieben der Porzellanindustrie eingeladen, die gut gestaltete moderne Zierporzellane, Vasen, Kleinplastiken, Reiseandenken, Sportpreise zeigte. Im Anschluss beriet man auch, wie man neue individuelle Beziehungen zwischen Handel und Produktion herstellen und wie man allmählich von Einzelproduktion zur Serienfertigung modernen Zierporzellans übergehen könnte und hoffte, nach diesem ersten Zusammentreffen zu einer viel kollektiveren Zusammenarbeit zu kommen. Im ersten Ergebnis sollten die Exponate auf der IGA in Erfurt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und Publikum und Einzelhändler sollten entscheiden, was künftig hergestellt und angeboten wird.
Von der Frühjahrsmesse 1964 ausgehend hatte der Wallendorfer Betrieb den kurzfristigen, von anderen Betrieben für unmöglich zu erfüllenden Auftrag angenommen, eine über einen Meter hohe Vase als Sonderanfertigung für den Staatsrat der DDR zu gestalten. Dieser Aufgabe hatte sich Gottfried Stöhr erfolgreich gestellt (Foto anbei).
Am 05.09.1964 berichtete Volkskorrespondent Paul Gräf aus Lichte, Leiter der ehrenamtlichen Redaktion "Freies Wort Neuhaus" von der Ausstellung "Gute Form" in Stralsund. Von dort erhielt der VEB Wallendorfer Porzellanfabrik die Nachricht, dass ihm für eine Dose und eine Vase, beide mit plastischem Relief, gestaltet von Ludwig Zeppner, Meißen, eine Goldmedaille verliehen wurde.
Den unter dem gleichen Datum 05.09.1964 von ihm verfassten Artikel
"Weißes Gold im Koffer, Volkseigene Porzellanbetriebe werben mit hervorragender Kollektion für unsere Heimatindustrie",
gebe ich gern wortwörtlich weiter:
"Der VEB Porzellanwerk Lichte bietet - wie uns Werkleiter Genosse Herbert Peter informiert - in seinem Messesortiment vor allem die zugkräftige Form "Rostock", Kaffee- Tee- und Mocca-Service mit fünf neuen Dekors, an. Außerdem steht im Messestand des Werkes ein reichhaltiges Gedecksortiment neben Zierporzellan für das schöne Heim. Die gleichbleibend gute Qualität bietet Gewähr dafür, daß auch das Exportgeschäft mit dem besten Kunden, Rasno Moskau, floriert.
Vielseitig und reichhaltig ist das Wallendorfer Messesortiment. Neben den alten "Verkaufsschlagern" wird das neue, für unsere sozialistische Geschmacksbildung typische Porzellan Besucher und Käufer ansprechen.
"Es gab manche harten Vorurteile gegen unsere neue Richtung" erzählt uns Werkleiter, Genosse Hans Habedank, "warum machen wir nur so was Verrücktes...?" unkten sogar manche Porzelliner. Inzwischen haben viele eingesehen, daß wir einen wertvollen Beitrag zur Geschmacksbildung unserer Zeit liefern, wenn wir das "Weisse Gold" in seiner eigenen Schönheit zu formschönen Plastiken und ansprechenden Farbdekoren verarbeiten...Im Gespräch erfahren wir dann, daß vieles noch in der Entwicklung begriffen ist mit dem Blickpunkt auf die Frühjahrsmesse 1965. Dazu gehören buntbemalte Wandreliefs eines Gestalterkollektivs der Meißener Porzellanmanufaktur, ferner ein Sortiment neuartiger Vasenformen von Margarete Jahny (Zentrales Institut für Formgestaltung) und die Weiterentwicklung graziler Frauenplastiken von Eberhard Roßdeutscher. Zum Teil sind Erzeugnisse aus diesen Produktionsgruppen bereits in der jetzigen Messekollektion.
Nach vollkommen neuen Ideen wurden acht neuartige Reiseandenken für die Messe gestaltet...Sehr originell und lustig ist zum Beispiel ein verregneter Urlaub dargestellt: Regenwolken oben, Regensträhne in der Mitte, und unten viele Leute mit Regenschirmen. Daß auch dem Sieger im sportlichen Wettstreit eine Porzellanvase mit olympischem Dekor besser gefallen kann, als geschmacklose Pokale, Plaketten und Sportfiguren, beweisen einige gelungene Sportpreise, vom Werksangehörigen Gottfried Stöhr.
Mit obenan im Wallendorfer Messegepäck liegen aber wieder meisterhafte Frauenplastiken von Professor Kremer und hervorragende Tierplastiken von Professor Grzimek, Professor Howard und Alfred Thiele, bereits mit Ergänzungen zu den bisher bekannten Schöpfungen. Auch hier ist eine weitere Entwicklung schon vorgezeichnet: Auf der Frühjahrsmesse soll ein "Liebespaar unserer Zeit" diese Meisterkollektion bereichern..."
Das damals junge Meißner Gestalterkollektiv mit Ludwig Zepner, Peter Strang und Heinz Werner hat in den Jahren zwischen 1964 und 1966 für die Porzellanfabrik in Wallendorf Modelle, Vasen, Dosen, Schalen, Reliefs und Figuren ("Liebespaar" von Peter Strang) sowie ein Kaffeeservice " Flitterwochenservice " (siehe meinen gleichnamigen Blog) entworfen.
Von August bis November 1966 fand in der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle eine Ausstellung statt, die unter dem Motto "Modernes Porzellan aus Wallendorf" stand. Der Ausstellungskatalog dazu ist zwar in aller Munde, aber sehr schwer zu finden. Nachfolgend habe ich ihn für Sie abgebildet. Mehr dazu erfahren Sie auf meiner Seite Künstlermodelle.
In einem Zeitungsartikel, den ich für sie entdeckt habe, wird über eine Ausstellung im Kunstgewerbemuseum Köpenick im 203. Jahr der Gründung der Wallendorfer Porzellanfabrik berichtet. Dies dürfte dann im Jahre 1967 gewesen sein. In drei Ausstellungsräumen wurden unter der Überschrift "Modernes Wallendorfer Porzellan" reizvolle dünnwandige Mokkaservice und Gewürzmenagen, Schalen, Vasen und Dosen moderner Formgebung, Kleinplastiken nach Werken von Bildhauern, Reliefs und Medaillons ausgestellt.
Der Werkleiter des VEB Wallendofer Porzellanfabrik, Johannes Habedank, betrachtete es, wie es in dem Artikel heißt, als Aufgabe der Wallendorfer, "echte Tradition und handwerkliches Können mit den Erfordernissen des sozialistischen Lebens zu verbinden".
Meine diesbezüglichen Recherchen haben ergeben, dass die Ausstellung unter dem Titel "Zeitgenössisches Porzellan aus Wallendorf" vom Januar bis zum März 1967 im Schloss Köpenick stattfand. Es handelte sich dabei um eine Übernahme aus der Staatlichen Galerie Moritzburg in Halle. Einen Katalog zu dieser Ausstellung hat es wohl nicht gegeben, was auch verständlich ist, da ja bereits der vorgenannte Katalog der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle vorlag. Dafür gibt es etwas viel Sensationelleres: ein DEFA Dokumentarfilm, "Der Augenzeuge" aus dem Jahre 1967, berichtet eine kleine Sequenz lang über die Ausstellung im Schloss Köpenick. Wir erhalten Einblick in die Ausstellungsräume, in denen das Kunst-Porzellan aus Wallendorf, Vasen, Aschenbecher, Tabakdosen, Essgeschirr, Sportpokale und Porzellanplastiken zu sehen sind.
Johannes Habedank wird auch heute noch als "kühner" und "mutiger" Direktor der Wallendorfer Porzellanfabrik in einer schwierigen richtungsweisenden Zeit gesehen, "der den bildenden und angewandten Künsten einen Hort schöpferischer moderner Designarbeit bot".
Er starb 1968.
Aus dem Bericht des Zeitzeugen Claus-Peter Senf, Stücke der Jugend 1 & 2, edition winterwork, 2013:
"Mit dem Meister und dem Betrieb hatte ich richtig Glück. Überall lief das längst nicht so. Hier hatte die Direktion das Sagen, nicht die Parteileitung...Der Direktor in Wallendorf lies sich von keinem in den Teller spucken. Sein Name war Habedank. Zu Beginn meiner Ausbildung hatte ich ein paar wenige Gespräche mit ihm. Er war ein angenehmer Mensch. Ruhig und zurückhaltend, überlegt, freundlich und immer der Chef.
In seinem Büro standen Vitrinen mit besonderen Prunkstücken Wallendorfer Porzellankunst, große Kutschen mit vorgespannten Rössern, Tänzerinnen, verschiedenste Tiere und Vasen. Dezent beleuchtet waren diese Stücke für jeden Besucher ein sofortiger Blickfang.
Einmal lies mich Habedank in sein Büro rufen. Dort saß in einem tiefen Ledersessel, genau der Jugendfreund aus der FDJ-Kreisleitung, der mir die Blümchen in die Hand gedrückt hatte. Habedank erklärte mir mit paar Worten, dass dieser 'Herr' mit etwas zu sagen habe, was aber nicht in seine Zuständigkeit gehöre. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und widmete sich seinen Papieren...
Aus den wenigen Gesprächen mit Habedank hatte ich erfahren, dass er Esperanto sprach. Ich denke heute noch, aus und zwischen seinen Sätzen einen freien Geist, auch so etwas wie eine kosmopolitische Anschauung der Gesamtheit herausgehört zu haben. Was er sagte, entsprach nie dieser faden, scheinheilig unterwürfigen Parteischulen-Sprache, der sich andere Direktoren bedienten...
Ich denke, es war der nächste Herbst...Wie ein Lauffeuer ging die Nachricht vom Tod Habedanks durch die Abteilungen im Betrieb. Es soll Selbstmord gewesen sein. Aber es wurden auch ganz andere Dinge gemunkelt..."
Wie es aussieht, hatte Johannes Habedank den Versuch unternommen, das Betriebliche vom Politischen/Parteilichen zu trennen und sich aus Letzterem (seinen Auswüchsen) herauszuhalten. Das konnte dem Regime sicher auf die Dauer nicht gefallen.
Anlässlich der Gründung der VEB Vereinigte Zierporzellanwerke Lichte im Jahre 1970 fand in der Aula der Grundschule Lichte eine Ausstellung statt. Der Wallendorfer Betrieb gehörte diesem Zusammenschluss als Werk III an und stand zu dieser Zeit unter der Leitung von Gerhard Gräf.
Wie es aussieht, wurden die Arbeitsverträge dann 1974 - hier der Arbeitsvertrag meines Vaters Heinz Koge - mit der neuen Firma VEB Zierporzellanwerke Lichte, BT Wallendorf neu abgeschlossen.
In seinem 1980 erschienen Buch "Thüringer Porzellan" schätzt der Autor Helmut Scherf ein, dass die Artikel der Wallendorfer Produktion - Gedecke, Vasen, Dosen, Schalen, Leuchter, Spiegel - eine dem Porzellan gemäße, stilvolle wie originelle Formgebung auszeichnet; sich der Bogen von Sachlichkeit und Strenge über eine heitere grazile Bewegtheit bis hin zu spannungsvoller Dynamik zieht.
Als Industrieformgestalter, Modelleure und Meister für die Formgestaltung des breiten und traditionsbezogenen Sortiments an anspruchsvollem Gefäß-Zierporzellan der Wallendorfer Porzellanfabrik werden folgende Künstler aufgeführt:
Ilse Decho, Margarethe Jahny, Heiner Hans Körting, Astrid Löffler, Hubert Petras, Gottfried Stöhr, Ludwig Zepner sowie für die nicht selten landschaftsspezifische Dekorgestaltung Johanna Böhm, Horst Fischer, Arno Häckel, Gerhard Nußmann und Heinz Werner. Mehr
zu diesen Künstlern und ihren Modellen für Wallendorf erfahren Sie bald auf meiner Seite Künstlermodelle.
Als hervorragende Beispiele der Produktion der letzten Jahre (bis 1980) werden die Formen "Sanssouci" und "Orient", das Mokkaservice "Athene", jeweils von Stöhr/Nußmann, der Vasensatz und die Deckeldose mit Kobaltblütendekor von Decho/Nußmann, die Menage, Zigaretten- und Tabakdose mit Schrift-Rollbild von Stöhr/Nußmann sowie die Formen "Heidi" von Horst und Heidi Hütter und "Poesie" von Stöhr/Nußmann genannt.
Die vorgenannten Formen und Dekore können Sie auf meinen entsprechenden Pages der Webseite gern anschauen.
Im Jahre 1989 beging man den 225. Jahrestag der Gründung der Wallendorfer Porzellanfabrik. Die Festveranstaltung fand in Rudolstadt auf Schloß Heidecksburg statt.
Natürlich berichtete die Presse allerorts von diesem Ereignis. Hier ein schöner Bericht von Helmut Scherf in Weltkunst, Heft 20.
Anlässlich des 225. Gründungsjubiläums wurde der Wallendorfer Porzellanfabrik der Titel
"Manufaktur "
zuerkannt.
Sie durfte sich von nun an Wallendorfer Porzellanmanufaktur nennen.
Die Urkunde können Sie links sehen.
Die Dokumentenmappe für die Gäste.
Diese wunderschöne Bildplatte - Medaillon - Plakette ist eine
- Jubiläumsausgabe zum 225. Jahrestag der Wallendorfer Porzellanmanufaktur - und
wurde im Jahre 1989, dem letzten Jahr der DDR, jedem Mitarbeiter der Manufaktur übergeben
Direktoren von Wallendorf nach Heinz Schaubach:
1. Paul Wagner,
2. Johannes Habedank,
3. Gerhard Gräf,
4. Bernd Zetzmann
Wie es mit der Wallendorfer Porzellanfabrik ab 1990 weiter geht, können Sie auf den Seiten zu Hillebrand/Bruckert erfahren.
Ihre Porzelline
Liebe Leser,
bei meinen Studien habe ich in der Zeitschrift Velhagen & Klasings Monatshefte, Jahrgang 34, Band 2, aus dem Jahre 1920 einen kleinen Artikel über die Porzellanfabrik Lorenz Hutschenreuther gefunden, den ich zur Kenntnis geben möchte.
Abgebildet sind verschiedene kunstvoll geformte und dekorierte Porzellandosen.