Carl Lorenz (03.09.1880 - 1969)

Leiter der Zeichenschule Lichte für die Jahre 1911 bis 1924

 

Liebe Leser, 

ich bin schon zweimal bei dem Versuch zurückgewichen, mehr über Carl Lorenz, den Leiter der Zeichenschule Lichte für die Jahre 1911 bis 1924 in Erfahrung zu bringen und ihm eine eigene Seite zu widmen. 

 

Das lag zum Ersten daran, dass Frau Fraas in ihrem Werk über die Fraureuth AG, völlig im Zweifel war, um welchen Carl Lorenz es sich handelte, der für Fraureuth eine ganze Reihe von Porzellan modelliert hatte, von denen der Trauernde Bajazzo wohl das berühmteste seiner Modelle ist.

 

 

Das zweite Mal war mein Versuch gescheitert, Kontakt zu seiner Nachfahrin aufzunehmen, die einen Vortrag in Fraureuth gehalten hatte, dem ich nicht beiwohnen konnte. Und so ist diese Seite erst jetzt im Werden begriffen.

 

Carl Lorenz stammte aus dem sächsischen Freiberg, war Sohn eines Bergmanns. An der Akademie der Bildenden Künste in Dresden hatte er Malerei und Bildhauerei studiert und hatte einen Pädagogenabschluss für Zeichnen (Staatsexamen), wie es bei Alami heißt. 1906 heiratete er in Meerane und zog dann nach Lauscha.

 

Bevor er 1911 zur Zeichenschule nach Lichte kam, war er Pädagoge/Fachlehrer und Leiter der Kunstgewerbefachschule in Lauscha (ein Gemeindeinstitut, gegründet 1895), wofür ich gerade einen Nachweis für das Jahr 1906 gefunden habe. Auf dem Programm der Kunstgewerbefachschule in Lauscha stand die Heranbildung von Zeichnern, Malern, Modelleuren und Formenmachern für die Porzellan- und Glasindustrie. Zu den Lehrfächern gehörten Freihandzeichnen, geometrisches Zeichnen, Modellieren, konstruktives Zeichnen, Perspektiven, Stillehre und Glasblasen.

 

 

Über die Zeit von Carl Lorenz als Leiter der Zeichenschule Lichte ist allerorts geschrieben, vor allem über die damit verbundenen Schwierigkeiten, da es ihm in Lichte nicht leicht gemacht wurde. 

 

Aber es gibt auch noch eine schöne Geschichte zu erzählen. Der Leiter der Zeichenschule Lichte, Carl Lorenz, hat in den Jahren um 1920 unserem Ernst Müller, Obermaler und Leiter der Abteilung Unterglasur der Wallendorfer Kunstabteilung der Fraureuth AG in Wallendorf, der mit seiner Familie im Wallendorfer Herrenhaus gelebt hat, Unterricht im Portraitzeichnen gegeben. So entstand aus der Hand von Ernst Müller das Portrait der Tochter von Carl Lorenz, wie uns der Enkel von Ernst Müller berichten konnte. 

 

In Rücksicht auf die Nachfahrin von Carl Lorenz haben Frieder Dürr und ich entschieden, das Portrait nicht auf die Webseite zu nehmen, was ich jetzt sehr bedauere. Vielleicht bekommen wir ja noch die Zustimmung der Nachfahrin...?

 

Nach seiner Zeit als Leiter der Zeichenschule Lichte ging Carl Lorenz nach Eisfeld, wo er seine Wohnung in der Hildburghauser Straße 28 nahm. In Eisfeld wurde er als Lehrer an der Kunstfachschule Eisfeld dringend gebraucht, da der vormalige Lehrer Hermann Blechschmidt (*1882 - †1934) aus Schalkau, Zeichen- und Modellierlehrer, 1924 kurzfristig ausgeschieden war, um eine Stelle in Eisenach anzutreten.

 

Im Alter von 72 Jahren schied Carl Lorenz 1952 in Eisfeld aus dem Schuldienst aus. Im September 1966 konnte er mit seiner Frau noch die diamantene Hochzeit feiern. Im Jahre 1969 verstarb er im Feierabendheim Bockstädt. 

 

 

Im Sommer 2009 fand im Otto-Ludwig-Museum Eisfeld eine Ausstellung zu seinen Ehren statt. Dort wird auch die von Carl Lorenz geschaffene Büste von Otto Ludwig aufbewahrt. Zahlreiche Porzellanobjekte aus dem Besitz des Eisfelder Museums sind als Schenkung von Carl Lorenz eingetragen, wie es bei Fraas heißt.

 

Hier können Sie erst einmal das Porzellanobjekt von Carl Lorenz aus meiner Sammlung sehen:

 

 

 

 

Schale mit Pfau,

Modelleur: Carl Lorenz, 

Modell Nr. 1295 der Kunstabteilung Fraureuth in Wallendorf,

ausgefertigt bei Gebrüder Heubach in Lichte

 

nachfolgend die Dekorvariante 105 aus dem Jahre 1920

 

unbearbeitete Angaben von Frau Fraas:

 

Werksverzeichnis für Fraureuth 1918-1925: Modelle, die Carl Lorenz zugeschrieben werden:

 

Marktfrau, Dekor: 23/421; Trauernder Bajazzo, Modell: 1277, Dekor: 19/657; Schlittenpartie, Dekor: 19/736Schale mit Marabu und Faun, Modell: 1244, Dekor: 20/154, 20/522; Pflügender Bauer, Modell: 1281, Dekor 19/726, 23/556; Putto auf Pfau reitend, Dekor: 20/304; Schale mit Pfau, Modell: 1295, Dekor: 19/898, 20/105, 25/???; Wildtaube, Modell: 1211, Dekor 18/284, 19/673; Fliehender Hirsch mit Hund, Dekor: 20/96Springender Hirsch (vielleicht), Modell: 1107?; Dose mit Reh (vielleicht); Ascheschale mit Languste, Dekor: 20/425; Ascher mit Schlange, Dekor: 21/803; Vase, Form 1161, gesichert sind seine Dekorentwürfe: 19/692 und 19/693.

  

Es ist anzunehmen, dass verschiedene Modelle von Carl Lorenz für die Wallendorfer Kunstabteilung der Fraureuth AG solche waren, die bereits vorher für die Wallendorfer Porzellanfabrik modelliert worden waren und zu Zeiten von Fraureuth in Wallendorf neu aufgelegt wurden. Hier scheitert die Aufarbeitung der Historie an den fehlenden Unterlagen zur Wallendorfer Fabrik.

 

 

Der Pierrot ist eine Figur aus der "Commedia dell' arte" (italienische Stehgreifkommödie), die die Liebesgeschichte der schönen Isabella und ihres Auserwählten Octavio erzählt. Zu den zahlreichen Nebendarstellern gehört die Columbine, die vorwitzige Dienerin Isabellas, die von Harlekin und Pierrot gleichzeitig umworben wird.

 

Sie sehen hier einen Pierrot mit sehnsüchtigem Gesichtsausdruck, der seine rechte Hand mit einer leidenschaftlichen Geste zum Herzen führt und auf diese Weise der Angebeteten seine Liebe beteuert.

 

Schon Mitte des 18. Jahrhunderts war es beliebt, die Figuren der "Commedia dell' arte" in Porzellan zu fertigen.

 

Die Figur des Pierrot, wie Sie ihn hier sehen können, wurde Mitte der 90er Jahre in farbiger Ausführung in das Figurenprogramm der Lichte Porzellan GmbH in Lichte mit der Modellnummer 1016 aufgenommen. Es soll sich um ein Modell der Fraureuther Kunstabteilung handeln, wozu es jedoch keine schriftlichen Überlieferungen gibt. Auch wer ihn entworfen hat, ist bisher nicht bekannt.

 

Liebe Insider,

was die Modellnummer 1016 betrifft und auch den Modelleur dieser Figur konnte uns Frau Fraas nicht weiterhelfen. Hier scheitert die Aufarbeitung der Historie an den fehlenden Unterlagen zur Wallendorfer Fabrik, in die die Kunstabteilung Fraureuth aufgenommen wurde, deren Modelle nach Konkurs an die Firma Heubach in Lichte gefallen sind.

 

Die Modellnummer 1016 ist keine der Firma Heubach, da derartig niedrige Modellnummern für die Jahre 1890-95 belegt sind. Sie ist auch keine Modellnummer von Fraureuth, da nach dem Modellnummernverzeichnis zu dieser Zeit (1910-1913) lediglich Aschenbecher, Brauereiporzellan und kleine Geschirrteile auf dem Programm von Fraureuth standen und diese weit davon entfernt war, solche Figuren herzustellen!

 

Es kann daher nur sein, dass es sich um eine Alt-Wallendorfer Figur und eine Modellnummer für Wallendorfer Porzellan handelt; siehe hier auch meine Seite für solche Porzellane.

 

Dies trifft auch für die Modellnummer 1107 (Springender Hirsch von Carl Lorenz) zu, wie Frau Fraas selbst angibt, auch für die Modellnummer 1109 (Zicklein) und ebenso für die Modellnummer 1115 (Vasen von Eugen Dotterweich), wobei die beiden letzten  Modellnummern für Fraureuth sogar mit einem anderen Modell belegt sind. Es sind auch jene Porzellane, die wie Frau Fraas schreibt, "in der Ausführung nur für die Wallendorfer Fabrik belegt sind; ich vermute einmal, dass sie damit die besondere Bodenmarke W 1763 Fraureuth meint. Wenn dies also so wäre, kann die Figur auch nur von einem in Lichte, Wallendorf, Neuhaus ansässigen und mit der Wallendorfer Fabrik verbundenen Modelleur vor deren Schließung im Jahre 1915 geschaffen worden sein; also keinesfalls von Carl Nacke, der mit Fraureuther Modellnummern von 1176 an etwa um 1918/1919 mit Ostereiern und Dosen erstmals für Fraureuth belegt ist.

 

So kann die engere Wahl aus meiner Sicht nur auf einen Ortsansässigen wie z.B. Carl Lorenz, den Leiter der Zeichen- und Modellierschule Lichte, fallen. Auf diesen bin ich auch bei der empirischen Betrachtung der Gesamtbildes der von mir erworbenen Figur des Pierrot, der wunderbaren leichten Wallung des Gewandes und des Gesichtsausdruckes im Vergleich mit dem trauernden Bajazzo gekommen, bevor ich mich den Modellnummern zugewandt habe. Vorstehend zum Vergleich die Figur des trauernden Bajazzo von Carl Lorenz aus dem Jahre 1919, als die Kunstabteilung von Fraureuth in Wallendorf eingerichtet war.